Eine merkwürdige Entdeckung gemacht! Abends schickt mich mein Herr immer mit einem Fußtritt unter’s Bett. Damit ich seine Zaubereien und vermaledeiten Verwandlungskünste nicht entdecke, vermutlich. Aber wir sind schlau, vorsichtig und spürnasig. Nachts schlich ich vor. Es war so halbdunkel. Der Mond, unser gütiges Geschick, schaute von hoch oben herein. Was musste ich sehen, oder vielmehr riechen! Auf dem Sofa lag, wie soll ich sagen, mein ausgeschlüpfter Herr; Beinrohre, zusammengeknickt; die Füße am Boden gestellt, anscheinend auch hohl, ohne Zusammenhang mit dem Uebrigen; Schultern und Taille und ein Teil des Kopfes auf dem Sofa zerstreut, verwurstelt, zerbrochen, ausgelaufen. Das Gesicht fehlte. Und im Bett? Ja, im Bett, vom Mond beleuchtet, lag die zergrinste Larve meines Herrn, aus einem kleinen weißen Haus herausschauend; gräulich; ich wusste gar nicht, welches mein Herr war; das zerknitterte Zeug am Sofa, oder das Käs-Gesicht im Bett. Können diese Kerle Zweiteilungen vornehmen? Wie die Schlangen? Welch unerhörtes Geschlecht! –
Aus dem Tagebuch eines Hundes 7 von 37 | Oskar Panizza
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