Der wunderbare Polizeihund | Russisches Märchen

Polizei-Hund

Dem Kaufmann Jeremias Babkin hat man einen Waschbärpelz gestohlen. Dieser unvorhergesehene Verlust kränkt ihn, das werden Sie begreifen.  „Der Pelz“, sagt er, „war ja zu schön, Genossen. Das quält mich. Ich will kein Geld sparen, um ihn zu finden, den Dieb. Ins Gesicht werde ich ihm spucken, dem Lump, dem Hundesohn.“

Und Jeremias Babkin ließ den Polizeihund kommen. Es erschien ein Mann mit Schirmmütze und Wickelgamaschen, und mit ihm erschien der Hund. Ein enorm großer Köter mit einer spitzen, unsympathisch wirkenden Schnauze. Der Mann lenkte sein Tierchen auf die Spur an der Tür, sagte: „Pss, pss“ und ging zur Seite. Der Hund schnupperte ein wenig in der Luft, schaute sich die Mieter an, die natürlich alle zur Stelle waren, und schoss sogleich auf Mütterchen Fjokla zu. Das Mütterchen zog sich entsetzt zurück. Der Hund hinter ihr drein. Da erkannte Mütterchen Fjokla, dass es vor diesem schrecklichen Hund kein Entfliehen mehr gab, und sie sank in die Knie vor dem Kriminalisten. „Es hat mich erwischt“, sagte sie, „das Wundertier. Ich will nicht lügen. Fünf Eimer Branntwein sind es und dazu der Apparat. Alles ist in der Rumpelkammer versteckt.“ Die Mieter rissen Augen und Ohren auf. „Vom Pelz“, antwortete sie, „weiß ich nichts. Nie in meinem Leben habe ich ihn gesehen. Aber alles andere ist wahr. Nein, ich streite nichts ab.“ Also führte man Mütterchen Fjokla in Gewahrsam.

Der Kriminalist nahm wieder seinen Hund, stieß ihn mit der Schnauze auf die Spur, sagte: „Pss, pss“ und trat beiseite. Der Hund schaute mit einem kurzen Blick die Mieter an, schnupperte in die leere Luft und sprang plötzlich auf den Genossen Hausverwalter zu. Der wurde weiß wie Kreide. „Bindet mich, werte Genossen, ich habe von euch Wassergeld kassiert, es aber für mich selbst verbraucht.“ Hund und Pelz waren vergessen, mit wütendem Geschrei fielen alle über den Hausverwalter her.

Jeremias Babkin aber zwinkerte mit den Augen. Furchtsam schaute er um sich. Dann nahm er schnell ein wenig Geld aus der Tasche und gab es dem Kriminalisten. „Führ nur“, sagte er, „deinen Hund schnell fort, ins Pfefferland. Lass besser den Pelz hin sein! Hol’s der Teufel!“ Doch da war das Vieh da, stand vor Jeremias Babkin und wedelte mit dem Schwanz und grinste tückisch. Der Kaufmann begann zu zittern. „Ja!“, sagte er heiser, „Gott sieht die Wahrheit! Ich selbst bin der Lump und Hundesohn. Der Pelz gehört meinem Bruder. Er hat ihn mir zur Aufbewahrung gegeben, und ich selbst habe ihn mir gestohlen. Ich bin der Schuft!“

Da flog das Volk wie der Wind auseinander. Der Hund hatte nicht einmal Zeit, in die Luft zu schnuppern. Zwei, drei Mann aber erwischte er eben noch und hielt sie fest. Auch diese gestanden. Der eine hatte staatliche Gelder im Kartenspiel vergeudet, der andere seine liebe Genossin mit dem eisernen Bügeleisen geprügelt und der dritte hatte etwas Peinliches getan, das man eigentlich gar nicht wiederholen darf.

Das Volk hatte sich zerstreut. Der Hof lag leer. Nur der Hund und der Kriminalist blieben zurück. Plötzlich ging der Hund auf den Kriminalisten zu und wedelte mit dem Schwanz. Und jetzt erbleichte auch der Kriminalist und sank vor dem Wunderhund in die Knie. „Beißen Sie mich, Genosse!“, weinte er. „Ich bekommen für ihr Futter drei Rubel monatlich und behalte zwei für mich!“

Was sich weiter ereignete, weiß ich nicht. Denn auch ich begab mich eiligst fort. 

(Michail Sostschenko)

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