Die Jungfrau am Drachenfels | Sage aus Deutschland

Drachenfels
Unter den Bergen des Siebengebirges hebt sich der Drachenfels mit seinen Ruinen am kühnsten am Rhein empor. In uralten Zeiten, so erzählt die Sage, lag hier in einer Höhle ein Drache, dem die heidnischen Bewohner der Gegend Verehrung erwiesen und Menschenopfer darbrachten. Gewöhnlich wurden dazu Leute ausgewählt, die im Krieg gefangen worden waren. Unter ihnen befand sich einst eine Jungfrau, die sich bereits zum Christentum bekehrt hatte. Sie war von hoher Schönheit, und zwei Anführer stritten sich um ihren Besitz. Da entschieden die Ältesten, dass sie dem Drachen geopfert werde, damit keine Zwietracht unter den Häuptern des Volkes entstehe. 
 

In weißem Gewand, einen Blumenkranz im Haar, wurde die Jungfrau den Berg hinaufgeführt und in der Nähe der Felsenhöhle, worin der Lindwurm lag, an einen Baum gebunden. Viel Volk hatte sich in einiger Entfernung versammelt, um dem Schauspiel zuzusehen; aber es waren wenige, die das Los der Armen nicht von Herzen bedauerten. Die Jungfrau stand ruhig da und schaute mit frommer Ergebung zum Himmel hinauf. Eben stieg die Sonne hinter den Bergen hervor und warf ihre ersten Strahlen an den Eingang der Höhle. Bald kroch das geflügelte Untier heraus und eilte nach der Stätte, wo es seinen Raub zu finden gewohnt war. Die Jungfrau erschrak nicht, sie zog vielmehr ein Kreuz aus ihrem Gewande hervor und hielt es dem Drachen entgegen. Dieser bebte zurück und stürzte mit fürchterlichem Gezische und Dröhnen in den nahen Abgrund. Man hat ihn niemals mehr gesehen. 

Da eilte das Volk, aufs tiefste ergriffen von dem Wunder, zur Jungfrau hin, löste ihre Bande und sah mit Erstaunen das kleine Kreuz an. Die Jungfrau aber erklärte ihnen die Bedeutung des heiligen Zeichens, und alle fielen zur Erde und baten sie, zu den Ihrigen zurückzukehren.

Drachenfels_(Siebengebirge)

Über Aventin

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